Gebänderte Prachtlibelle © G.Pistora
Eisvogel © G.Pistora
 

Umsetzung praktischer Maßnahmen innerhalb des "Rotmilan - Land zum Leben" Projektes

Das Projekt „Rotmilan – Land zum Leben“ ist nun schon in seinem letzten Projektjahr. Zeit, einen kurzen Rückblick zu werfen und vor allem, allen Beteiligten für Ihr Engagement zu danken.

Von November 2013 bis Oktober 2019 arbeitete der LPV Nordwestsachsen e.V. an dem bundesweiten Projekt mit, in dem praktische Maßnahmen, in neun Projektgebieten in sieben Bundesländern, zur Entwicklung des Rotmilanbestandes erarbeitet und umgesetzt werden sollten.

Jungvögel im Horst (J.Pöschel)

Der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, denn der Rotmilan ist ein sogenannter „Offenlandjäger“, der insbesondere Grünland-, Mahd- und Ernteflächen sowie Brachen zur Nahrungssuche nutzt. Die Zeit der Jungenaufzucht (Mai bis Juli) scheint hier bezüglich der Nahrungsversorgung besonders kritisch zu sein, denn Kleinsäuger in Maisäckern oder dicht bestandenen Getreide- und Rapsfelder sind für den Rotmilan praktisch nicht erreichbar.

Luzernernte (U.Lerch)

Eine Vielzahl von Landwirten haben sogenannte rotmilanfreundliche Maßnahmen auf ihren Flächen umgesetzt. Passgenauigkeit in Ihre Betriebsabläufe ist hier ein sehr wichtiges Kriterium und wir sind im intensiven Austausch mit den zuständigen Behörden, um eine bessere Ausgestaltung der Agrarumweltmaßnahmen in Ihrem und im Sinne des Rotmilans zu erreichen.


 

Hier haben wir nochmal die nach unserem Verständnis besonders wertvollen Maßnahmen zusammengestellt:

  • Anbau mehrjährigen Feldfutters wie Luzerne, Klee und Ackergras und deren greifvogelgerechte Bewirtschaftung (mindestens zweimalige Schnittnutzung von Mai bis Anfang Juli)

  • Anlage von Strukturelementen wie Buntbrachen, Schwarzbrachen, Grünstreifen, und mehrjährigen Blühflächen/Blühstreifen

  • Umsetzung artenreicher Fruchtfolgen (mindestens 5 Kulturen, davon einmal kleinkörnige Leguminosen wie Klee, Luzerne, Klee-Gras-Gemische bei mindestens zweimaliger Schnittnutzung mit Biomasseentzug zwischen Mai und Juli)

  • Aufrechterhaltung der Grünlandbewirtschaftung durch Mehrfachschnittnutzung (alternativ Portionsweide) auf Wirtschaftsgrünland

  • extensive Grünlandbewirtschaftung durch Mahd und Beweidung auf naturschutzfachlich wertvollem Grünland

  • biotoptypengerechte Bewirtschaftung der naturschutzfachlich wertvollen Dauergrünländer, insbesondere aller grünlandähnlichen Kulturbiotope, die Lebensraumtypen darstellen.

 

 

Eine unserer Ansicht nach besonders effektive Maßnahme zur Verbesserung des Nahrungsangebotes und der Nahrungsverfügbarkeit ist der Anbau und die Schnittnutzung von Luzerne als mehrjährige Feldfutterpflanze. Mehrfachnutzung und geringe Vegetationshöhen nach der Ernte stellen sicher, dass Rotmilane die auf den Luzernefeldern lebenden Kleinsäuger erbeuten können. Natürlich profitieren sie auch von den durch den Mahdvorgang getöteten Kleinsäugern, die sie oft schon während des Mähvorgangs gezielt suchen. Viele von Ihnen berichteten, dass sich die Luzerne insbesondere im Trockenjahr 2018 sehr bewährt hat. Durch ihre tiefen Wurzeln waren diese Flächen oft noch das einzige Grün in einer vertrockneten Feldflur. Um eine langfristig stabile Nahrungsverfügbarkeit zu erreichen, sind aber Rückzugsräume für Kleinsäuger wie Brachen, Blühflächen oder Schonstreifen auch sehr wichtig – und diese dienen gleichzeitig einer Vielzahl an weiteren Arten wie Singvögeln oder Insekten der Feldflur als Nahrungs- und Brutrevier.

Was wurde nun deutschlandweit in diesen sechs Projektjahren erreicht?
Hier ein Überblick zu den bisherigen Ergebnissen (2013 – 2018):

 

Auf 224.000 Hektar Kulturlandschaft wurden bisher 1.258 Rotmilanbruten (davon 306 in Nordwestsachsen) dokumentiert und begleitet. In 3.578 Beratungen haben die Partner vor Ort Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, Kommunen und Fachbehörden zum praktischen Rotmilanschutz beraten. Dabei wurde auf 39.164 Hektar rotmilanfreundlich gewirtschaftet. Zum Schutz der Nestbäume und Bruthabitate wurden insgesamt 977 Maßnahmen umgesetzt. An 333 Nestbäumen wurden Manschetten zum Schutz vor Nesträubern angebracht. 644 Einzelmaßnahmen für störungsfreie Bruten, z.B. durch zeitliche Verschiebung forstwirtschaftlicher Aktivitäten oder dem Einrichten von Nestschutzzonen, wurden durchgeführt.

Manschette zum Schutz vor Nesträubern (P.Solluntsch)
Aktionsräume besenderter Rotmilane während der Brutzeit 2017 im Praxisgebiet Göttingen (J. Katzenberger, DDA)

Was den meisten Landwirten durch Ihre Erfahrungen mit dem Rotmilan aus der täglichen Praxis vielleicht schon bekannt ist, wurde auch durch die wissenschaftlichen Begleituntersuchungen belegt: Rotmilane nutzen Flächen während und bis zu drei Tage nach der Mahd besonders intensiv, um Nahrungstiere zu erbeuten. Die Häufigkeit von Kleinsäugern auf den Flächen variierte von Jahr zu Jahr deutlich. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass auf den Maßnahmeflächen deutlich mehr Kleinsäuger vorkommen als auf den Kontrollflächen.

Jungvögel verschiedener Singvogelarten sind auch eine wichtige Nahrungsgrundlage für den Rotmilan. Auch hier zeigte sich, dass auf den Maßnahmenflächen – insbesondere auf Flächen mehrjähriger Brachen eine viel höhere Dichte von brütenden und /oder nahrungssuchenden Singvögeln festzustellen war als auf den Kontrollflächen.

 

Untersuchung der Bewegungsmuster von Rotmilanen in Abhängigkeit von der landwirtschaftlichen Nutzung:

26 Rotmilane wurden in den Projektgebieten bei Göttingen, in Mittelthüringen und Nordwestsachsen mit einem Sender versehen, zusätzlich wurden an ausgewählten Horsten Kameras angebracht. Hier sehen Sie beispielhaft für das Projektgebiet bei Göttingen, welchen Aktionsraum verschiedene Rotmilane während der Brutzeit im Jahr 2017 nutzten (farbige Kreise = Umrandung des Gebietes, das ein Individuum während der Brutzeit nutzte):

Die Größe der von den Rotmilanen beflogenen Aktionsräume während der Brutzeit ist auch von der jeweils vorhandenen Lebensraumausstattung abhängig. Je höher der Anteil an Grünland oder auch dörflichen Siedlungen in der Umgebung des Nests, desto kleiner sind die Aktionsräume in der Regel. Grünland, Feldfutterflächen, Dörfer und Brachen/Blühflächen haben außerdem einen nachweislich positiven Effekt auf den Bruterfolg.

Einjähriger Blühstreifen als Maßnahme zur Verbesserung des Nahrungsangebotes (P.Solluntsch)

In diesen Bereichen des Reviers finden die Tiere ausreichend Beute für sich und die Jungvögel. Dies lässt sich auch aus der mit Hilfe von Kameras dokumentierten Nahrung schließen, die zum Nest gebracht wurde: Im Grünland werden vor allem Kleinsäuger erbeutet während in Siedlungen besonders viele Vögel aber auch Aas und Abfälle aufgelesen werden. Von Mai bis Juni, der Zeit der Jungenaufzucht, bevorzugen die Rotmilane zur Jagd intensiv genutztes Grünland sowie Feldfutter-Maßnahmen wie kleinkörnige Leguminosen und Ackergras. Auch Blühflächen und Brachen und Randstreifen wie Säume, Hecken u.a. sind während der gesamten Brutzeit für die Rotmilane attraktiv.

Jungvögel im Horst (P. Solluntsch)

Welchen Effekt die Maßnahmen auf den Rotmilanbestand insgesamt haben, lässt sich trotz aller Untersuchungen nur schwer abschätzen. Dafür spielen noch zu viele weitere Faktoren wie beispielsweise menschgemachte und natürliche Sterblichkeit, aber auch Zu- und Abwanderung eine Rolle. Für die im Projekt beratenen Maßnahmen lässt sich aber sagen, dass sie den Rotmilanen und mit ihm vielen weiteren Arten in Ihrer Region nutzen. Landwirte leisten mit Arbeit daher einen wertvollen Beitrag für den Artenschutz – herzlichen Dank!

Das gesamte Projektteam bedankt sich bei beteiligten Landwirten und wünscht Ihnen und „Ihren“ lokalen Rotmilanen ein gutes Miteinander auch in der Zukunft:

 

- der Deutsche Verband für Landschaftspflege e.V. (DVL): Gesamtkoordination

- der Dachverband Deutscher Avifaunisten e.V. (DDA): wissenschaftliches Monitoring

- die Deutsche Wildtier Stiftung: Öffentlichkeitsarbeit

- Biologische Station Rhein Berg: Praxisregion Nordrhein-Westfalen

- Landschaftspflegeverband Göttingen e.V.: Praxisregion Niedersachsen

- Landschaftspflegeverband Mittelthüringen e.V.: Praxisregion Thüringen

- Landschaftspflegeverband Nordwestsachsen e.V. und Förderverein Sächsische Vogelschutzwarte Neschwitz e.V.: Praxisregionen Sachsen

- Landschaftspflegeverband Uckermark-Schorfheide e.V.: Praxisregion Brandenburg

- Landschaftspflegeverbände Sternberger und Mecklenburger Endmoränen e.V.: Praxisregionen Mecklenburg-Vorpommern

- Schrobach Stiftung: Praxisregion Schleswig-Holstein

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